Deutschlands Doom-Metal-Kapelle Nummer eins Kadavar ist wieder da! Album Nummer fünf, “For The Dead Travel Fast”, auf Nuclear Blast erschienen, bringt neun Songs voller Totentänze, Dämonen und böser Kräfte mit. Und kommt mit einem Titelbild des Drakulaschlosses in Transsylvanien. Schick! Na denn mal los mit dem Vampirtanz.

“The End” klingt wie das Gegenteil: ein unheilvoller Einstieg, “Are you my visitor tonight?” klagt und fragt Sänger Lupus aus der Gruft. Aber man stockt kurz: alles so ruhig hier? Wo sind die Gitarrenwände, das Riffbrett? Ach so, Intro. “The Devil’s Master” legt dann schon mal in gutem Midtempo los, man ist sofort beim Faustrecken, Pommesgabelschwingen, Mähneschütteln. In gesetztem 6/8-Takt geht es irgendwo zwischen Sabbath und Floyd ab nach Transylvanien. Alles klingt retro, vintage, warm und ungeschnitten, man ist mitten im Kadavaruniversum, alleine dieser Song wird jedem Bürometaller schon die Fahrt nach Hause im Feierabendverkehr versüßen.

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Kadavar kommen auf neuem Album mehr zum Punkt

“Evil Forces” zieht das Tempo etwas an, rutscht ein bisschen in Zeppelingefilde rein, “Evil Forces are close behind” singt Lupus, na dann aber schnell mit 200 Bpm davon geritten! Was jetzt schon auffällt: Kadavar kommen mehr zum Punkt. Nach dem etwas durchwachsenen Vorgänger “Rough Times” wirkt alles gradliniger, eingängiger und zugänglicher. Die “Rough Times” sind .. ähem.. vorbei. Schickes Gitarrensolo am Ende, geht’s dann weiter mit “Children of the Night”. Man horcht auf. Ist das etwa… ein Synthesizer? Bei Kadavar?! Der Retro-Proto-Quasi-Sabbath-Tribute-Band? Wie passt das denn?

Kraftwerk mit Bart? Weit gefehlt!

Das passt. Ist jetzt nicht so, als hätten die Berliner ihre Gitarren in den Schrank gestellt und würden Kraftwerk mit Bart machen. Es ist schwer bei derart auf alt gemachter Musik irgendwie erfrischend und neu zu klingen. Warum also nicht mal einen alten Moog neben die Fender stellen und das beste aus beiden Welten kombinieren? Konnten Roger Waters und Co. doch auch ohne Probleme. Überhaupt, das prog-ige, weniger auf minutenlange Jams und Klangkulissen ausgelegte, in komplexeren Songstrukturen endende ist jetzt schon ein echter Gewinn.

Kadavar treten die Saloontür weit auf

Als nächstes “Dancing with the Dead”. Schöne Tremolo-Gitarre, die Saloontür wird aufgetreten, das Neuköllner Trio betritt mit gezückten Pistolen und Zigarre im Mundwinkel hämisch grinsend die Örtlichkeit. Der Song ist auch eher einer der gemäßigteren auf dem Album, hat aber ähnlichen Feierabendcharakter wie “The Devil’s Master”. Augen zu und mitnehmen lassen. Die Schmatzgeräusche des Schreibtischnachbarn, der ewig kläffende Bürohund, die uneinsichtigen Kunden – alles vergessen. Mit Kadavar reiten wir in die (Feier)Abendsonne.

Gehörige Portion Stones und Beatles

“Poison” hat neben all den bekannten Siebzigeranleihen eine gehörige Portion Rock ‘n Roll à la Stones und Beatles der Fünfziger mit im Programm. Ein bitterböses Gitarrensolo schließt diesen Song ab, so vorhersehbar das alles ist, langweilig wird es nie. “Demons in my Mind” klingt wie ein Zugeständnis der Band: “Na gut, wir haben jetzt sechs Songs um den heißen Brei geredet, aber natürlich sind Sabbath unsere Helden!”. Ist ja auch ok. Kadavar ist keine schlechte Kopie oder ein billiger Abklatsch. Sie verbinden ihre Einflüsse geschickt, Musiknerds, die auch die letzte B-Seite von Ozzy und Mannen kennen, werden genauso abgeholt, wie Stoner, die mit den alten Säcken nix am Hut haben wollen.

Irgendwo zwischen Ballade und B-Seite

“Saturnales” ist ein mystisch, düsteres Zwischenspiel, irgendwo zwischen Ballade und B-Seite, was aber vorm epischen (fast) 8-Minuten-Finale “Long Forgotten Song” auch noch mal Zeit zum Luftholen lässt. Der feuert auch wirklich noch mal alles raus, was die drei an Wut, Energie und transylvanischer Düsternis zusammenbekommen. “For the Dead travel fast” sollte auf keiner Halloweenparty fehlen, eigentlich fehlt nur die Sonderausgabe mit Vampirzähnen und Kunstblut.