Was benötigt man für ein gutes Konzert: einen Hauptact, der noch immer hungrig ist auf die Action auf und vor der Bühne, eine Support-Band, die auch wirklich Bock hat und sich den Ar… aufreißt. Und natürlich das passende Publikum, welches die spielenden Bands wertschätzt und abgeht.

Das alles kam am vergangenen Wochenende in Zwiesel zusammen. Hier standen Boysetsfire auf der kleinen Bühne – und das für einen verdammt guten Zweck. Schon jetzt mein Konzert des Jahres…

Ein Hilferuf aus dem Bayrischen Wald

Die Posthardcore-Legenden waren einem Hilferuf aus Zwiesel gefolgt. Zwiesel? Genau, diese kleine verträumte Städtchen mitten im bayrischen Wald. Hier steht ein Jugendcafé, welches für die Jugendlichen der Stadt und der gesamten Region unfassbar wichtig ist. Jeden Abend kommen hier 20-30 junge Leute zusammen, um zu quatschen, zu feiern, zu kickern und was man halt sonst noch so alles in einem Jugendcafé treibt. Für eine Stadt mit gerade einmal 9000 Einwohnern schon eine beachtliche Zahl.

Highlights sind allerdings die vielen Konzerte, die von den Jugendlichen selbst organisiert werden. Wer jetzt aber denkt, dass dann nur so Proberaum-Nachwuchsbands aufspielen, der irrt sich gewaltig. Die Poster an den Wänden erzählen eine ganz andere Geschichte: H2O, Tomte, Die Kassierer, Death By Stereo, Jimmy Eat World – um nur ein paar zu nennen.

Anna, einer der Köpfe hinter dem Jugendcafé in Zwiesel

Anna, einer der Köpfe hinter dem Jugendcafé in Zwiesel

„Und jetzt soll das Jugendcafé verkauft und geschlossen werden“, erzählt mir Anna bei einer Tasse Tee. Sie ist Teil des Vorstandes des Fördervereins, der den Jugendtreff seit 1984 am Leben erhält. „Das Gebäude gehört der Caritas, und die ziehen jetzt hier weg. Also musste ein Investor her. Der wurde auch gefunden, und nach langem Hin und Her will dieser das JuCa nicht mehr wegreißen, sondern hat es der Stadt zum Kauf angeboten.“ Da die Stadt das Gebäude aber nicht „braucht“, liegt das Angebot jetzt auf dem Schreibtisch des Fördervereins.

55.000 Euro – woher nehmen, wenn nicht stehlen?

„Das Gebäude soll rund 55.000 Euro kosten. Mit Spenden und zinslosen Krediten haben wir bereits 35.000 Euro zusammenbekommen. Das ist echt der Hammer.“ Woher sollten aber die restlichen 20.000 Euro kommen? Da kamen dann plötzlich Boysetsfire ins Spiel.

Das Jugendcafé in Zwiesel

Das Jugendcafé in Zwiesel

Wie passend, dass Oise, der aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Zwiesel kommt und mit 15 Jahren im JuCa seine ersten eigenen Konzerte veranstaltete, der Manager von Boysetsfire ist. „Das Wort Manager versuchen wir allerdings zu vermeiden, ich bin ‚Administrativer Berater'“, sagt Oise. „Die Jungs von der guten Sache zu überzeugen, war ganz einfach. Ich schickte eine Email an die Jungs und ein paar Stunden später kam ein ‚we would love to do it‘ zurück. Ich kanns immer noch nicht glauben, dass Boysetsfire sich so schnell und selbstlos für ein Jugendzentrum im bayerischen Hinterland einsetzen!“

Und wie sie das getan haben. An zwei aufeinander folgenden Tagen ließen es die Jungs in der Bürgerhalle Frauenau mächtig krachen – und der Gesamterlös der Veranstaltungen ging an das JuCa. Volle Hütte war angesagt, jeweils rund 500 Leute kamen, um Gutes zu tun – und Gutes zu sehen. Denn BSF hatten mächtig Spaß auf der Bühne und spielten ein wunderbares Set. Das bunt gemischte Publikum kam dabei voll auf seine Kosten.

„Denn das ist IHR Treff“

Und hoffentlich auch das JuCa. Denn dieser Ort muss erhalten werden. Hier haben die Jugendlichen einen Rückzugsort, hier dürfen sie sich frei entfalten, hier lernen sie fürs Leben. „Für Jugendliche ist Zwiesel echt schwierig“, sagt Anna. „Außer den typischen Vereinen (Fußball, Leichtathletik, Basketball…) gibt es hier eigentlich nichts oder nicht viel, was man so machen kann. Im JuCa übernehmen sie Verantwortung, denn das ist IHR Treff. Sie entscheiden, was hier passiert, wann aufgeräumt oder geputzt wird, ob mal neue Farbe an die Wände gehört oder der Hof umgestaltet, alles angeleitet durch Sozialpädagogen.“

Und genauso präsentiert sich das JuCa auch. Hier tropft Geschichte aus jeder Fuge, das eingebrachte Herzblut erkannt man überall. Es gibt heutzutage viel zu wenige Treffs wie diesen. Hoffentlich können die engagierten Jugendlichen IHREN in Zwiesel retten.

Take care,
Norman