Die Paten des New Y0rk Hardcore sind zurück! Vier Jahre nach “The American Dream Died” hauen Agnostic Front mit “Get Loud!” ihr neues Album raus. Und das hat es in sich.
“Spray Painted Walls” feuert los, als wären die New York Hardcore Könige nie weg gewesen. Mit schwindelerregend schnellen Strophen und hymnischem Refrain pendelt der Song zwischen Kopfnicker und Beinewegtreter. “Anti-Social” – ist der perfekte Song auf dem verkaterten Weg ins Büro am Montagmorgen. 67 Sekunden Feuern, Ballern, “Anti-Social” hasserfüllt in die grauen Gesichter in der U-Bahn büllen. In Dauerschleife.
Titeltrack “Get Loud!” kommt etwas grooviger, weniger Maschinengewehr, mehr Kanone daher. Nicht weniger wütend, nicht weniger böse. Laut sein, Mund aufmachen, was verändern fordert Sänger Roger. “Conquer and Divide” wird nach dem Vorgänger dann endgültig zur kämpferischen Systemkritik: “Out of order, out of control – Don’t let them steal your soul, Set us up so we can hate, Fuck your system, we can’t relate”.
Ungewöhnlich offener Blick auf Bandinterna
Aber AF schauen nicht nur nach außen, beschreiben und beschreien den Zustand ihrer Welt, sie können den Blick auch auf sich selbst richten. “I remember” richtet den Blick auf das von Hassliebe geprägte Verhältnis zwischen Sänger Roger Miret und Gründer und Gitarrist Vinnie Stigma. Roger erzählt wie sich die beiden in den frühen Tagen von AF kennen-, lieben- und hassen lernten. Ein für Bands ungewöhnlich offener Blick auf Bandinterna. Ach, und schieben und ballern kann der Song auch.
Ähnlich wie “Get Loud! ist das nächste Lied “Dead Silence” eine Auseinandersetzung mit der eigenen Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Schnauze auf, Augen auf, “Own it and open your eyes”. Richtig so. Zurück ins Selbsreferentielle geht’s mit dem kurzen “Af stomp”. Man bekommt ein leichtes Schmunzeln ins Gesicht gezaubert, der “Af-Stampfer”? Jedenfalls ist gut vorstellbar, dass bei den Massenschlägereien, wie man AF-Konzerte auch nennt, im Kollektiv gestampft wird. Oder im Büro. Oder im Auto.
Agnostic Front bleiben ihren Wurzeln treu
In Albumviertel drei geht’s weiter ordentlich zwischen Punk und Hardcore feuernd hin und her. Mal Mittelfinger in Richtung Gesellschaft gestreckt, mal sich den Spiegel vorgehalten, mal einfach nur wütend geschrien, mal sich und die Szene bestärken im Kampf gegen den Rest der Welt. Dabei offenbaren Agnostic Front aber eine für ihre knapp 40-jährige Karriere erstaunliche Frische und Aufgewecktheit.
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Ihren Wurzeln immer treu, wird aber nichts einfach kopiert, einfach aufgegossen. Das muss man erstmal nachmachen. “Attention” kritisiert den “Likes”-Wahnsinn unserer Zeit. “No control – It’s all about likes and your ego”. Wer im AF-Moshpit zerrieben wird, hat keine Zeit für Insta-Stories.
Überzeugt vom Lauterwerden und Lautersein
Mit “Pull the trigger”, einem Song über die Verzweiflung, die Depressionen auslösen können, und “Devasted”, bei dem sich Miret mit seiner Vergangenheit, Gewaltausbrüchen und Rausch auseinandersetzt, endet “Get Loud!” auf einer düsteren, aber sehr persönlichen Note.
Musikalisch geben die New Yorker noch einmal alles, es wird umgetreten, geshoutet, was das Zeug hält. Und dann ist man nach 14 Songs absolut vom Lauterwerden, Lautersein überzeugt. Ist ja auch nicht ganz unwichtig in diesen Zeiten. Eine Platte wie “Get Loud!” hilft beim warm werden