Wenn in Kommentarspalten und Foren bei Diskussionen jemand ALLES. GROß. schreibt, tut man das meistens, inklusive der 35 Ausrufezeichen als hysterisches Geschrei ab. HELLYEAH schreiben sich groß und ihr Album “Welcome Home” ist ein einziges Ausrufezeichen. Es geht nicht um Lügenpresse, Impfgegner oder ähnlich Dämliches, aber Schreien, Ballern, alles niedermähen ist HELLYEAHs Spezialität.
Von Mudvayne zu HELLYEAH
Wem die Band vielleicht im ersten Moment nichts sagt, die Stimme aber bekannt vorkommt: Sänger Chad Gray war vor HELLYEAH Frontman bei einem der wenigen Lichtblicke der Nu-Metal-Zeit, bei Mudvayne. Zum anderen hat man eventuell auch von HELLYEAH gehört aus einem sehr tragischen Grund.
Schlagzeuger Vinnie Paul, seines Zeichens Drummer bei Pantera und Damageplan und Bruder des auf der Bühne erschossenen Dimebag Darrell, verstarb überraschend letzten Sommer. Glücklicherweise waren die Aufnahmen für “Welcome Home” da schon im Kasten. So ist dieses Album auch in gewisser Weise ein Abschiedsgeschenk an und von Paul. Und das hat es in sich.
Los geht’s mit HELLYEAH
“333” feuert gleich dermaßen los, man sucht verzweifelt den Gurt am Schreibtischstuhl und das Kirschkernkissen, um noch schnell den Nacken anzuwärmen, es darf geheadbangt werden. Was hier an Locker-lässig-aus-der-Hüfte-Rock und Ministry-Industrial-Metal verwoben wird, versüßt jeden Montagmorgen im müden Büro.
“Oh my God” ist eine ganze Ecke langsamer und stampfender aber damit auch ein Kopfnicker und Lenkradtrommler, wie er nicht besser sein könnte. “Welcome home”, TIteltrack und Lied Nummer drei, kommt erstmal ganz schön Nu-Metalig daher, ist aber spätestens im Refrain wird’s hymnig, die verstaubte rote Basecap kann im Keller bleiben. “Why is this feeling of loss like a welcome home?” fragt sich Chad Gray, vielleicht in Anspielung ans Vinnie Pauls Tod.
Nu-Metal in gut
“I’m the one” ist im Vergleich zum bisherigen Ritt fast gemächlich, radiotauglich. “Still searching for a smile – Been tormented my whole life”, der Text sorgt aber dafür, dass das schön aus dem Formatradio draußen bleibt. Gut so. “Black Flag Army” hat einen so unschuldigen Einstieg, man sieht den tonnenschweren Chorus nicht eine Sekunde kommen. Fast schon Disko ist das in der Strophe. “At “Wick’s End” macht es ähnlich. HELLYEAH beherrschen das Spiel zwischen fast sanften Strophen, die das Tempo anziehen aber ganz und gar lieblich daher kommen und bitterbösen Riffs in bretternden Chorusparts meisterhaft.
“Perfect” setzt den Cowboyhut auf, tritt dann mit die Saloontür mit Anlauf auf und reitet flammend in den Sonnenuntergang. “You’re as perfect as an apple with a worm and a bruise – You’re as perfect as a song out of key, out of tune”, klingt fast nach einem “Ironic” auf Metal. “Bury you” ist dann noch mal klassisch, ballernd, Metal. Nach dem ganzen Melodiegedöns der letzten Songs, scheißen HELLYEAH hier auf jede Harmonie, jeden Mitsingeffekt.
Nach vorne, alle über den Haufen
Ähnlich macht es “Boy”. Nach vorne, alle über den Haufen, platz da, das Riff kommt. Was für ein besonderer Himmel dieser “Skyy” in “Skyy and Water” sein soll, ob das ein Schreibfehler oder ein Kunstbegriff ist, ist nicht ganz klar im letzten Song, einer traurigen Ballade, “I can hear your voice, I can hear you say „Don’t sweat the small stuff And just keep on keeping on“” Darüber muss man sich aber auch nicht lange den Kopf zerbrechen, bei solchen Zeilen ist klar, das ist der Abschiedssong für Vinnie. Nach 9 Songs Ballern, Wüten und Rasen einmal kurz innehalten, winken, Krone rücken.