Manchmal steht nach einer Pressekonferenz die Frage im Raum: Was mache ich eigentlich hier? An diesem Dienstagmorgen im Museum für Hamburgische Geschichte könnte kaum eine Frage weiter weg sein. Denn die Ausstellung um Christian Warlich, um die es hier gehen sollte, ist eine bedeutende. Für mich. Für Hamburg. Für die gesamte Tattooszene. Nicht nur in Deutschland.

Monothematische Ausstellung – ist das nicht langweilig?

Tattoo-Legenden: Christian Warlich auf St. Pauli. Der Name lässt bereits erahnen, worum es geht. Es ist eine monothematische Ausstellung. Soweit, so gut, nichts Ungewöhnliches möchte man meinen. Eine Ausstellung aber, die sich in ihrer Gesamtheit einem einzigen Mann, einem Tätowierer, widmet, das gab es tatsächlich noch nie.

Aber ist das nicht langweilig? Eine Ausstellung nur über einen einzelnen Tätowierer zu machen? Die Frage ist mit Sicherheit erlaubt – die Antwort allerdings kann nur aus vier Buchstaben bestehen: N – E – I – N! Denn was Dr. Ole Wittmann in jahrelanger, detailverliebter, fast schon detailversessener Kleinstarbeit in der ganzen Welt gesucht und zusammengetragen hat, ist nicht langweilig. Es ist atemberaubend. Spannend. Ungewöhnlich. Unglaublich.

It will blow you away!

Die Liste der Adjektive, die es benötigen würde, diese Ausstellung in passende Worte zu fassen, ist schier unendlich lang. Und sie würde neben den oben genannten, fast ausschließlich Superlative beinhalten. Ja, ich bin voreingenommen, das sollte dem Thema geschuldet und allein dadurch klar sein. Aber, und das kann ich mit Gewissheit sagen: Der Umfang dieser Ausstellung, die Geschichten, welche transportiert werden, die Einblicke in die damals noch junge „Szene“, Fotos, Videos, abgelöste Hautpartien mit entfernten Tattoos (kein Scherz!), das alles garniert mit diversen echten Exponaten wie Büchern, Eintrittskarten, Ausweisen… it will blow you away!

Nun hatte ich das große Glück, als „Pressevertreter“ bei der Eröffnungs-Pressekonferenz anwesend zu sein. Wie lauschten den warmen Worten von Professor Czech (Vorstand und Direktor der Stiftung Historische Museen Hamburg) und Dr. Wiechmann (kommissarischer Direktor des Museums für Hamburgische Geschichte), die der Arbeit von Wittmann ein vortreffliches Zeugnis ausstellten.

Durch die Ausstellung mit Ole Wittmann und Manfred Kohrs

Schließlich durfte Dr. Wittmann selbst noch ein paar ausführliche Worte über die Ausstellung an die Presse richten, ehe er persönlich dem kleinen Tross die Früchte seiner Arbeit präsentierte. Es war ein wenig wie der berühmte Blick hinter die Kulissen, denn es wurde noch fleißig gewerkelt in den Ausstellungsräumen. Wittmann musste hier und da weit ausholen, um einen Überblick über das Gezeigte zu vermitteln.

Aber die Pressemeute war ganz Ohr und hing aufmerksam an Wittmanns Lippen. Ich driftete irgendwann ein wenig ab und lief Manfred Kohrs in die Arme. Wir hatten uns ein paar Mal vorher schon getroffen, daher war man sich durchaus bekannt. Manfred ist selbst, ähnlich wie Warlich, einer der Pioniere der Tattoozunft. Er war Mitveranstalter der ersten echten Tattooconvention in Deutschland – und hat ganz nebenbei noch so etwas wie den Prototypen der Tätowiermaschine mitentwickelt. Gänsehautmomente!

Manfred zuzuhören – das wäre eine ganz eigene Ausstellung, denn dieser Mann kann Geschichten aus erster Hand erzählen, die ganze Bücherwände füllen würden.

Ausstellung läuft bis zum 25. Mai 2020 – hin da!!!

Aber zurück zu Warlich. Ihr merkt sicher, ich schaffe es immer noch nicht, das dort Gesehene wirklich in Worte zu fassen. Auch die reine Aufzählung von Fakten und Daten ist nichts für mich. Jeder, wirklich jeder der mit Tattoos zu tun hat, sei es als Tätowierer, Tätowierter oder einfach nur als interessierter Mensch – ihr alle solltet euren Ar… ins Museum für Hamburgische Geschichte bewegen.

Noch bis zum 25. Mai 2020 habt ihr die Möglichkeit, euch die Ausstellung anzuschauen. Macht das mal, macht euch ein eigenes Bild – und dann schreibt mir mal, was ihr so denkt. Am besten ganz einfach per Mail an info@reportink.com. Ich freue mich über jeden, der mich an seinen Gedanken teilhaben lässt.

Bis dahin,
Euer Norman