Im Rahmen der Reportink WohnzimmerSession war der Singer/Songwriter John Allen aus Hamburg zu Gast und nahm sich die Zeit, ein wenig über seine zahlreichen Tattoos zu plaudern. Was er da alles so gesammelt hat und was die Stücke ihm bedeuten, könnt ihr im ersten „Reportink Tattoo-Talk“ lesen.

Hey John. Schön, dass Du da bist. Bislang habe ich Dich immer nur mit bedeckten Armen gesehen. Daher weiß ich gar nicht genau, was sich an Tattoos alles so bei dir versteckt…
John Allen: Ich bin nicht komplett zu, soviel kann ich dir schonmal verraten. Ich habe die Arme tätowiert, wobei auf dem einen auch noch viel Platz ist. Ich habe ein größeres Piece auf dem linken Oberschenkel und ich habe eine kleine „Herr der Ringe“-Referenz hier unten am Fuß.

Sehr schön. Was steht da?
John Allen: „Not all who wander are lost“. Aber ansonsten bin ich noch unbemalt.

Wie ging es bei dir los? Oder wann?
John Allen: (lacht) Ich wollte Tattoos, seit ich 15 war. Aber ich habe mich nie getraut, weil ich panische Angst vor Nadeln habe. Ich habe das immer so vor mir hergeschoben. Vor ein paar Jahren saß ich dann zuhause und das Thema kam mal wieder auf. Jemand sagte zu mir: Du laberst schon so lange davon, du traust dich sowieso nicht. Das war dann der springende Punkt für mich zu sagen: Dir zeige ich es jetzt. Am nächsten Tag habe ich direkt nen Termin gemacht.

„Mein erstes Tattoo wird dieses Jahr drei Jahre alt“

Was heißt „vor ein paar Jahren“? Ist das noch gar nicht so lange her?

John Allens erstes Tattoo (Photo: AngryNorman)

John Allens erstes Tattoo (Photo: AngryNorman)

John Allen: Ich überlege gerade, wird mein erstes Tattoo jetzt drei oder vier? Es ist also wirklich noch nicht lange her. Ich habe das an meinem Geburtstag stechen lassen, es war die Gitarre. Das war an meinem 28. Geburtstag – also wird es drei.

Dann hast Du aber relativ viel in der kurzen Zeit gesammelt…
John Allen: Absolut. Das lag unter anderem daran, dass ich festgestellt habe, dass es gar nicht so sehr weh tut, wie ich immer befürchtet habe. Und es haben sich über die Jahre so viele Ideen aufgestaut, dass ich jetzt quasi so ne „to-do-Liste“ zuhause habe zum abarbeiten…

Wieviel steht da drauf?
John Allen: Viel. Sehr viel mehr, als ich Platz habe.

Jedes Tattoo hat seine eigene Geschichte

Das heißt dann aber auch, dass jedes einzelne Tattoo schon eine Bedeutung hat und nicht einfach so aus der Laune heraus passiert.

"Put out the fire, make it rain" in der Handschrift von Tom Waits (Photo: AngryNorman)

„Put out the fire, make it rain“ in der Handschrift von Tom Waits (Photo: AngryNorman)

John Allen: Genau, sie haben alle ihre Bedeutung. Die meisten sind irgendwelche Bezüge zu Bands oder zu Shows, die ich gespielt habe. Ich habe zum Beispiel hier das Logo von Frank Turner, nachdem ich die Tour mit ihm gespielt habe. Ein anderes bezieht sich auf meinen Lieblingssong von Northcote, mit dem ich unterwegs war. Dann habe ich ein Zitat aus einem Lieblingssong von Tom Waits, „put out the fire and make it rain“, in der Handschrift von Tom Waits. Und auch die kleine Wolke, die etwas seltsam aussieht, ist eine Zeichnung von Tom Waits.

Das hat er aber nicht extra für Dich geschrieben.
John Allen: Nein, es gibt so Faksimile-Sammlungen mit handgeschriebenen Lyrics von ihm, da habe ich das her.

Was war bis jetzt das letzte Tattoo?
John Allen: Das ist die Textzeile „bless the city“. Das habe ich mir stechen lassen nach der Tour mit den Sunparlour Players, das ist einfach mein Lieblingssong von den beiden Kanadiern. In der Handschrift von Andrew, der auch den Song geschrieben hat.

„I am transforming – look at me now“

Hast Du ein Lieblingspiece? Ich weiß, das ist immer schwer zu sagen.

John Allen zeigt sein Lieblings-Tattoo (Photo: AngryNorman)

John Allen zeigt sein Lieblings-Tattoo (Photo: AngryNorman)

John Allen: Doch, mein Lieblingsstück habe ich auf meinem linken Oberschenkel. (zieht die Hose runter) Das wurde gezeichnet von einem englischen Tätowierer namens Duke Riley (East River Tattoo, d. Red.). Das ist quasi das Cover einer Songsammlung von Nick Cave – ich bin ein großer Nick Cave Fan. Es zeigt eine Mutter mit ihrer Tochter, die beide weinend am Meer stehen, im Hintergrund sieht man ein Schiff das untergeht. Eine Hand guckt aus dem Wasser heraus. Im Vordergrund steht eine Urne auf einem kleinen Podest.

Auf dem letzten Album von Nick Cave gibt es einen Song, der heißt „Jubilee Street“. In dem Song geht es um einen Typen, der diese Straße hinunter geht und sich währenddessen verändert. Die Straße ist bewohnt von den skurrilsten Gestalten, die man sich nur vorstellen kann. Und der Song endet damit, dass Cave immer wiederholt: „I am transforming, I am flying, I am vibrating, I am glowing, look at me now“. Es geht um die Veränderung, die in ihm vorgeht. Das alles habe ich versucht, in dem Tattoo aufzufangen. Stechen lassen habe ich es mir, nachdem ich meinen Job gekündigt hatte, in der ersten Woche danach. Das hat einfach so gut zum Lebensabschnitt gepasst, weil sich für mich eben auch alles verändert. (John Allen war Lehrer, ehe er sich 2015 dazu entschloss, den Job an den Nagel zu hängen und als Vollzeitmusiker „sein Ding zu machen“, Anm. d. Red.)

Mehr von und zu John Allen gibt es die Tage in einem ausführlichen Interview zu seinem Leben als Musiker.

Keep on rocking,
Euer Norman