Nach Agnostic Front, Refused oder Kadavar hat unser Julian heute mal was Unbekannteres für das Album der Woche aus den Massen an Neuerscheinungen herausgepickt: Fire From The Gods mit ihrer Scheibe American Sun.
Wisst ihr noch, die Neunziger, die Nuller, die Zeit, wo Linkin Park, die Deftones und Sevendust groß wurden? Lang vorbei, ne? Oft hört man heute die Platten aus der Zeit, ist sich nicht ganz sicher, ob man die noch feiert oder schon verschämt hinter dem Best-of-David-Hasselhoff-Vinyl versteckt. Aber irgendwie hatte das doch was! Und so ist man auch immer gespalten, wenn man “neue” Bands hört, die sich den Sound der Metalgeneration der Jahrtausendwende zu eigen machen.
Lieber gut gekotzt als schlecht verdaut
Auftritt Fire from the Gods. Schon der erste Song “Truth to The Weak (Not Built to Collapse” hat alle Elemente, die man noch aus dem, nennen wir es mal spaßeshalber Noi-Metal, kennt: dissonante, getragene Riffs, Stimme zwischen bellendem Rap und klagenden Melodien, die Drums immer eher langsame Hymne als schnelle Blastbeats.
Eine Prise Hiphop-Beat, ein flötender Synthie-Sound im Hintergrund, eigentlich fehlt noch noch ein schmatzendes Scratchen im Hintergrund. Nur, dass wir uns nicht missverstehen: Das ist alles schon hundertmal durchgekaut worden, aber lieber gut ausgekotzt als schlecht verdaut, sagt man doch, oder?
Kappe umgedreht und mit Anlauf in die Baggies
Und Fire from the Gods bringen durchaus Überraschungen in das bekannte Potpourrie an Genrevermischungen. Titeltrack “American Sun” vermischt ein tonnenschweres Riff mit Reggaebläsern. Und das funktioniert erstaunlich gut. Drüber wird weiter gerappt und gesungen, wie es P.O.D. (wer erinnert sich noch am “Alive”?) in ihren besten Zeiten taten.
Da ist es nur konsequent, dass mit Sonny Sandoval der Sänger von P.O.D. auf dem Track “They Don’t Like It” gastiert. Kappe umgedreht, mit Anlauf in die Baggies, mit den abwetzten Vans durch den leeren Swimmingpool skaten und sich missverstanden fühlen. So war das.
Fire From The Gods legen deutlich mehr Finger in die Wunde
Was Fire from the Gods soundtechnisch eher kopieren, ist bei den Inhalten erfrischend anders. Grundsätzlich viel politischer, viel direkter, weniger Welt hassen (Korn), Dämonen bekämpfen (Linkin Park), Dicke Hose (Limp Bizkit) machen oder verstecktes Predigen (Creed, P.O.D.), mehr Finger in die Wunde legen.
Flüchtlingsströme, Depressionen bekämpfen, Fallen/Aufstehen/Krone richten (das können nicht nur Radio Havanna hervorragend), die Waffenproblematik in den USA (“Still teaching lessons with that good old Smith and Wesson, Got us acting like an army in these streets“) und Generationenkonflikt (“We are not tragedy, We are not catastrophe, We are generation no longer living fantasy) werden schonungslos ehrlich aufgetischt.
Dreizehn Songs die verdammt viel Spaß machen
Klar, die Grundstruktur hat man nach dem ersten Song begriffen. Überrascht, abgebogen wird hier kaum. Dafür machen die dreizehn verdammt viel Spaß. Ganz ohne Ironie.