Olli Schulz in der Darmstädter Centralstation

Olli Schulz in der Darmstädter Centralstation

Olli Schulz hat den Rock’n’Roll von seiner fiesen Seite kennengelernt. Während seine Idole auf der Bühne Vollgas gaben und sich im Ruhm badeten, musste Stagehand Schulz Kisten schleppen und Kabel rollen.

Und während im nächsten Club das Bier und die Frauen auf der Aftershow-Party für Ekstase sorgten, stand er mit grimmigen Tätowierten auf einer Laderampe, schaffte das Equipment in die LKW und träumte von einem besseren Leben. Oder so ähnlich.

„Brichst du mir das Herz, breche ich dir die Beine“

Das war irgendwann in den 90ern. Den Traum hat er inzwischen wahr gemacht. 2003 nahm der „Singer und Songwriter“ seine erste Platte mit dem blumigen Titel „Brichst du mir das Herz, breche ich dir die Beine“ auf und seitdem beglückt er die Clubs dieser Nation. Am 17. Dezember gastierte der nebenberufliche Erotik-Experte der Joko-und-Klaas-Sendung „neoparadise“ mit seinem neuen Album „SOS – Save Olli Schulz“ in der Darmstädter Centralstation.

Viel hat Oliver Marc Schulz, wie der Fast-Vierziger mit vollem Namen heißt, an diesem Abend nicht mitgebracht. Einen Stuhl, eine Leinwand und seine Gitarre – ach ja, und ein Schlagzeug, das aber den halben Abend unbenutzt bleibt. Mehr braucht er auch nicht, den Rest hat er im Kopf.

„Schnauze, das ist meine Show!“

Unfassbar unterhaltsame Anekdoten, wie die von den muskelbepackten Vollassis, die ihm und Bela B. von den Ärzten bei einem Wohltätigkeitskonzert aufs Maul hauen wollen oder die vom lieben Gott „Rolf“, der ihm die Bude ausräumt, wechseln sich ab mit lustigen, oft sinnlosen und dann wieder sehr ernsthaften und gefühlvollen Songs. Dem Zuschauer wird schnell klar: die Schönheit des mit eher markanten Zügen gesegneten Entertainers steckt in seinen Texten.

Zeilen wie „wenn die Musik jeden Lärm und jeden Schmerz von dir nimmt“ oder „da brennt ein Sambuca für dich in der Kathedrale meines Herzens“ nimmt man mit nach Hause. Dabei ist Olli Schulz alles andere als der bedingungslose Schöngeist. Er lispelt, neigt zu Wutausbrüchen und benutzt reihenweise unflätige Worte. Er diskutiert mit seinem Publikum über die Vorteile von „Fuckbuddys“, kennt „dumme Vollspacken“, die deinen Eltern am liebsten „die Augen aus dem Kopf pissen“ wollen und weist Zwischenrufer mit einem eleganten „Schnauze, das ist meine Show!“ zurecht.

Alles in allem herrlich anarchisch und saumäßig unterhaltsam.

Wer Olli Schulz selbst mal live sehen will, muss sich allerdings noch etwas gedulden. Die aktuelle Tour ist vorbei und nächstes Jahr verkriecht sich das selbsternannte „junge, sensible und kraftvolle Rentier“ im Studio und bastelt an einer neuen Platte.

Take care,
Euer Julian